Erinnerung

Wie üblich nach Anschlägen mit terroristischem Hintergrund übertrifft sich die Politikergilde allenorten mit Peinlichkeiten. Das Blut der in Paris brutal Gemordeten war kaum trocken, als etwa der deutsche Innenminister die Wiedereinführung der Vorratsdatenspeicherung forderte.
Hierzulande ist seit geraumer Zeit das neue Nachrichtendienstgesetz in Diskussion, welches weitgehende Eingriffe in unsere Privatsphäre zur Folge haben würde. Und was hört man unmittelbar nach den Anschlägen? Natürlich: Die Ereignisse in Paris hätten gezeigt, dass der Terrorismus auch «vor unserer Haustüre stattfindet». Sagt etwa SVP-Nationalrat Roland Borer, und befürchtet, dass sich die Anschläge in die Schweiz verlagern könnten, wenn unser Nachrichtendienst nicht subito über die entsprechenden erweiterten Kompetenzen verfügen kann.
Diese vielerorts nun wieder geforderten Einschränkungen der Freiheit zugunsten einer vermeintlichen Sicherheit sind übrigens in Frankreich längst Realität: Die Vorratsdatenspeicherung ist dort seit 2006 in Kraft. Erst letztes Jahr wurden die Antiterrorgesetze massiv verschärft. «Und mit dabei war vieles, was sich die Verfolgungsbehörden auch in totalitären Staaten wünschen würden.» Die Attentäter von Charlie Hebdo standen lange schon unter direkter Beobachtung der Behörden.

Wie wohltuend war dagegen die Reaktion des damaligen norwegischen Ministerpräsidenten Jens Stoltenberg nach den irren Breivik-Anschlägen im Juli 2011:

«Wir sind ein kleines Land, aber wir sind ein stolzes Volk. Wir sind entrüstet über das, was uns getroffen hat, aber wir werden nie unsere Werte aufgeben. Unsere Antwort wird mehr Demokratie sein, mehr Offenheit und mehr Menschlichkeit. Aber nie Naivität.»

Seine sehr berührende Rede an der Trauerfeier ist auf Youtube zu finden. Und jeder Politikerin und jedem Politiker heutzutage ans Herz zu legen:

(Klick auf «CC» bringt englische Untertitel, ein vollständiges (englisches) Transkript der Rede gibts hier.)

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